Schulter und Golf – Antworten auf die 5 wichtigsten Fragen

Schulter und Golfsport
Foto: luismolinero
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Golf gilt allgemein als verletzungsarmer Sport, der nahezu altersunabhängig und über alle Leistungsklassen hinweg betrieben werden kann. Aber wer hätte gedacht, dass Golfen zumindest statistisch gesehen zu den 15 gefährlichsten Sportarten zählt? Neben Wirbelsäule und Ellenbogen gehört die Schulter bei den Verletzungen zu den Top-3 der betroffenen Gelenke. 

Prof. Florian Haasters
Prof. Florian Haasters

Was die häufigsten Schulterverletzungen im Golfsport sind, was präventiv wirkt und wie im Falle einer Verletzung behandelt werden kann, weiß Prof. Priv.-Doz. Dr. Haasters, Chefarzt der Knie-, Hüft- & Schulterchirurgie an der Schön Klinik München Harlaching.

Interview mit Prof. Florian Haasters

Welche sind die häufigsten Schulterleiden bei Golfern?

Prof. Haasters: Etwa 80% der Schulterprobleme bei Golfern sind auf Überlastungsschäden zurückzuführen. Am häufigsten tritt dies als „Impingement-Syndrom“ zwischen Schulterdach und Oberarmkopf auf. Hier verlaufen u.a. die Rotatorenmanschette, die sich aus vier Sehnen zusammensetzt und ein Schleimbeutel. Die natürliche Enge dieser Schulterregion begünstigt Entzündungen (z.B. Bursitis/Entzündung des Schleimbeutels) oder auch Sehnenrisse (z.B. Ruptur der Rotatorenmanschette). Auch die lange Bizepssehne und das Schultereckgelenk, das das Schlüsselbein mit dem Schulterdach verbindet, sind häufig von Schulterüberlastungen betroffen. Daneben verursachen sportunabhängige Verschleißerscheinungen, wie z.B. eine Arthrose erhebliche Schmerzen beim Spiel und können im „worst case“ den Golfsport unmöglich machen.

Wie kommt es zu diesen Schulterverletzungen?

Prof. Haasters: Überlastung entsteht häufig durch fehlerhafte Schlagtechnik, Übertraining und unzureichend trainierte Schulter- und Rumpfmuskulatur. Um folgenreiche Probleme durch muskuläre Verkürzung, Dysbalancen oder Kraft- und Spannungsdefizite zu vermeiden, sollte das regelmäßige Training der Schulter-, Rücken- und Rumpfmuskulatur beim technisch komplexen Schwungtraining nicht vernachlässigt werden. Klassische Fehler in der Schlagtechnik, die zu Verletzungen führen können, sind eine zu geringe Drehung in der Wirbelsäule und Hüfte, übermäßige Gewichtsverlagerung beim Rück- oder Abschwung sowie unzureichende Spannung bzw. Fehlhaltung beim „Ansprechen“. Während ein Überschwingen eher Probleme an der Rotatorenmanschette auslöst, kann ein ruckartiges Abstoppen des Schlägers oder ein zu fett getroffener Ball zu Überlastung der langen Bizepssehne führen. Auch falsche Schlägerwahl, Schlägerwechsel oder minderwertige Matten beim Hallen-/und Videotraining sind potentielle Auslöser einer Überlastung an der Schulter.

Welche Maßnahmen sind sinnvoll, um auftretenden Problemen entgegenzuwirken?

Prof. Haasters: Aufwärmübungen sind zur Verletzungsprävention essentiell. Dehn- und Mobilisationsübungen fördern nicht nur die Durchblutung und aktivieren die Muskulatur, sondern verbessern auch die Leistungsfähigkeit – besonders nach einem langen Tag am Schreibtisch. Ebenso verringern eine gute allgemeine Fitness sowie Ausdauer- und Ausgleichstraining für Rumpf- und Rückenmuskulatur die Verletzungsgefahr. Wissenschaftliche Untersuchungen aus Videoanalysen haben eine zentrale Rolle für die Schulterblattmuskeln „Levator Scapulae“ und die „Rhomboiden“ nachgewiesen.
Ich rate zudem zu einer sauberen und kontrollierten Schlagtechnik. Darüber hinaus sollte das Golfspiel immer an den individuellen Gesundheits- und Fitnesszustand angepasst werden. Bei bestehenden Schulterleiden empfehle ich beispielsweise auf Überschwingen zu verzichten, nur vom Tee zu schlagen und häufiger mit kurzen Eisen, statt mit Hölzern zu spielen, um die Schulter zu schonen. Bei anhaltenden Schmerzen ziehen Sie am besten einen orthopädischen Schulterexperten hinzu.

Welche aktuellen Verfahren setzen Sie bei Schulterverletzungen ein?

Prof. Haasters: Die Schulter ist ein äußerst komplexes Gelenk. Daher halte ich eine umfassende Ursachenabklärung der individuellen Beschwerden für unerlässlich. Eine Vorstellung bei einem Schulterexperten ist ratsam. Leider kommt es nach wie vor häufig zu Fehldiagnosen und dementsprechend zu erfolglosen Behandlungen. Der Schlüssel im Behandlungserfolg liegt in meinen Augen stets in der korrekten Ursachenbestimmung und weniger in einer Injektion oder Tablette. Generell lassen sich die meisten durch das Golfspiel ausgelöste Schulterleiden durch konservative, nicht-operative Therapien behandeln. Dafür eignet sich besonders eine gezielte Physiotherapie: Verkürzte Muskeln werden gedehnt, vernachlässigte Muskelgruppen funktionell trainiert und die Muskelbalance wiederhergestellt. Auch physikalische Therapien, zum Beispiel eine Elektro- oder Stoßwellentherapie sowie Ultraschall kommen erfolgreich zum Einsatz. Bei fortgeschrittenen Überlastungsschäden oder ernsthaften Verletzungen wichtiger Strukturen ist eine operative Rekonstruktion des Gelenks oder der Sehne angezeigt. Betroffen ist meist die lange Bizepssehne, das Schulterdach oder die Rotationsmanschette.

Wie gestaltet sich nach einer Operation der Weg zurück auf den Golfplatz?

Prof. Haasters: Eine operative Versorgung ist bei weniger als 20% der Patientin notwendig. Fast alle Eingriffe erfolgen dabei heute arthroskopisch, d.h. in Schlüssellochtechnik. Unabhängig von den Überlastungsschäden sind viele Patienten nach Versorgung mit einem Schultergelenksersatz (Schulterprothese) an einer schnellen Rückkehr in den Golfsport interessiert. Nach Abklingen der Entzündungsphase in der ersten Woche kann je nach Umfang der Operation bereits einige Tage später mit einem gezielten Bewegungstraining begonnen werden. In meinen Augen essentiell ist hier, keine bloße Orientierung an Zeitachsen, sondern ein, an individuellen Fortschritt und Wohlbefinden angepasstes Training. Für den Einstieg empfehlen sich zur Schonung der Schulter weniger Abschlagstrainings, sondern Übungen zum Chippen oder Putten. Die gute Nachricht: Nach einem operativen Eingriff an der Schulter (sowohl arthroskopisch als auch nach Endoprothese) finden mehr als 80 Prozent der Patienten zurück in den Golfsport.

Schulterverletzung durch Golf
Foto: MOTORTION
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